Krokus

Als der deutsche Arzt und Pädagoge "Daniel Gottlob Moritz Schreber" Daniel Gottlob Moritz Schreber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Spielplätze schuf, die mit Kinderbeeten und Gärten für Erwachsene verbunden waren, hatte er durch seinen ständigen Kontakt mit Kranken die Notwendigkeit erkannt, der arbeitenden Bevölkerung und nicht zuletzt den Kindern, durch Bewegung in der freien Natur Freude und Lebenskraft zu vermitteln. Durch Förderung der Jugendgymnastik und Hinweise auf bewußte Lebensweise wurden von einem Weggenossen namens Hausschild die Schrebergartenvereine gegründet. Diese Einrichtungen fanden überall lebhaftes Echo und erfreuten sich großer Zusprache, so dass nach kurzer Zeit im gesamten deutschen Raume ähnliche Anlagen entstanden.

 

Vincenz PriessnitzDie von Schreber erkannten Notwendigkeiten und durch Hauschild in die Tat umgesetzten Maßnahmen basierten nicht zuletzt auf Erkenntnissen eines ganz einfachen Bauern namens "Vinzenz Prießnitz", der Ende des 18. Jahrhunderts auf dem Gräfenberg bei Freiwaldau im Sudetenland geboren wurde. Dessen Zeitgenossen, sowohl Laien als auch Ärzte, beschrieben ihn als den gegebenen „Arzt“ mit einem seltenen Einfühlungsvermögen in Psyche und Physis des Menschen. Ohne wissenschaftlichen Umbau und ohne Schulung, lediglich erfüllt vom Instinkt einer jahrtausendalten Volksmedizin, geleitet von Beobachtungen und Erfahrung, legte er den ersten Baustein zum Gefüge der späteren Naturheilkunde.

 

Herr "Heinrich Goßmann", ein angesehener Kasseler Bürger, durchHeinrich Gossmann eigene Erkrankung auf die Naturheilbewegung aufmerksam gemacht, konnte mit natürlichen Mitteln von einem chronischen Halsleiden befreit werden und wurde auf diese Weise Vorkämpfer für die neuen Ideen einer Naturheilbehandlung, nicht zuletzt angeregt durch Schreber und Preißnitz, den Wegbereitern einer neuen Bewegung. Da Herr Goßmann durch seinen persönlichen Einsatz im Jahre 1888 eine Heilanstalt im Hotel „Stadt Wörth“ in der Querallee und wenige Jahre später das bekannte „Goßmann´sche Sanatorium“ in Wilhelmshöhe ins Leben gerufen hatte, wurde er aufgrund dieser erfolgreichen Bemühungen ermutigt, im Jahre 1891 den Kasseler Naturheilverein zu gründen. Er selbst war nie Vorsitzender des Vereins, fand aber genügend Gleichgesinnte, die unter seiner Anleitung und in seinem Sinne mit der Arbeit begannen. Die jeweiligen Vereinsleiter sind an anderer Stelle entsprechend erwähnt und gewürdigt. Hierbei sei der Hinweis erlaubt, dass sich die Mitgliederzahlen in dieser Zeit sprungartig erhöhten und in den dreißiger Jahren etwas 2.200 betrugen, Die heutige Mitgliederzahl von etwa 260 ist deshalb nur ein bescheidener Teil einer großen Vergangenheit. Die Gründerjahre mit ihren bis dahin nicht gekannten Neuerungen auf dem Gebiete der naturgemäßen Heilweise waren dazu angetan, einen solchen Aufschwung zu erreichen, weil sich völlig neue Perspektiven ergaben, ja hierin ein Neubeginn für Hilfe bei Erkrankungen erwartet wurde.

 

Wenn deshalb eine rege Vortragstätigkeit, Durchführung von Kursen in der Anwendung natürlicher Lebens- und Heilweise sowie Schaffung von Licht- und Sonnenbädern an den Grenzen der Stadt erwähnt werden müssen, so darf auch auf eine eigene Fachbibliothek hingewiesen werden, Die nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch lückenhaft vorhandenen Bücher wurden der Murhard´schen Bibliothek zur Verfügung gestellt. Durch Aufbewahrungsschwierigkeiten Infolge Raummangels war diese Maßnahme gerechtfertigt.

 

Gosssm ganz1907Fünf Gartenanlagen, an der Tannenkuppe, vor dem Leipziger Tor, in der Frankfurter Straße, in der Gersdorfstraße, früher Wittichstraße und am Möncheberg mit rund 300 Kleingärten, die an die Mitglieder verpachtet wurden, dokumentierten, welches Interesse bestand und wie man sich betätigen und gegenseitig helfen wollte. Die Anlagen enthielten Luftbäder, Kaffeeküchen, Restaurationen, Turn- und Tenisplätze. An Badeanstalten standen das „Goßmann´sche Sanatorium" in Wilhelmshöhe, das Kurbad „Sanitas“ in der Annastraße und das „Sinning´sche Bad“ in der Sternstraße zur Verfügung. Im Jahre 1912 wurde in der Schrebergartenanlage Ost, heute Schwanenwiese, eine Ferienkolonie gegründet, in der 88 bedürftige Kinder von Kassler Bürgern verköstigt und tagsüber durch Lehrer und Fachkräfte, wie Kinderpflegerinnen, betreut wurden. Diese Maßnahme fand ein so überwältigendes Echo, dass sich diese Kurse wiederholten, bis der erste Weltkrieg diesem weiter geplanten Vorhaben ein jähes Ende bereitete.

 

Geschick und Umsicht waren erforderlich, um nach Kriegsende 1918 die Dinge wieder in Griff zu bekommen. Es bedurfte schon großer Anstrengungen und des persönlichen Einsatzes der Vorstandsmitglieder, um die immer aktuell gebliebenen Ideen der Naturheilbewegung im Bewusstsein der breiten Bevölkerung wach zu halten. So konnte später im Jahre 1929 oberhalb des blauen Sees im Habichtswald ein Areal auf dem Hühnerberg gepachtet werden, welches seitens der Forstbehörde im Hinblick auf die Ziele des Vereins zum Zwecke der körperlichen Ertüchtigung freigegeben wurde. Auch hier entfaltete sich eine rege Tätigkeit der Mitglieder, deren Anliegen darin bestand, Sonnenbäder zu nehmen, gleichzeitig aber mit der Natur näher in Verbindung zu kommen. Die Hütten, die mit Zustimmung der Forstverwaltung errichtet werden durften, erfreuten sich großer Beliebtheit und waren, insbesondere an Wochenenden, ein lohnendes Ziel, nicht nur für die Mitglieder, sondern auch für Freunde und Bekannte, die hier Kraft für den Alltag sammelten. 

 

Bedauerlicherweise sind durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges wichtige Unterlagen, die weiteren Aufschluss über die nachfolgende Zeit bis zum Kriegsende 1945 vermitteln könnten, verloren gegangen, so dass ein Anspruch auf Vollständigkeit nicht besteht. Dies ist umso mehr bedauerlich, als nennenswerte Begebenheiten nicht mehr bekannt sind. 

 

Durch das Besatzungsstatut vom Jahre 1945 wurde auf Anordnung der Amerikaner auch dem Naturheilverein zunächst eine weitere Arbeit untersagt. Trotz widriger Umstände und nach sorgfältiger Abwägung vieler Gesichtspunkte, nicht zuletzt durch den eisernen Willen einiger Idealisten, konnte mit dem Vereinsleben, wenn auch mit anfänglichen Hindernissen und Rückschlägen, wieder begonnen werden. So galt es zunächst, die noch verbliebenen Freunde zu sammeln. Es bestand das Gelände an der Weidlingstraße, für das Vertragspartner die Aschrott´schen Erben, Berlin, waren. Diese verlangten Wiedergutmachungsbeträge, die den Verein allein jedoch nicht aufbringen konnte. Die Stadt Kassel wurde deshalb eingeschaltet, die dem Verein für einige Jahre gewisse Zuschüsse bewilligte, um auf diese Weise eine rechtlich nicht einwandfrei zu beweisende Schuld den  Aschrott´schen Erben gegenüber zu begleichen. Einfacher verhielt es sich mit den Anlagen in der Frankfurter Straße, Heckerstraße und auf den Hühnerbergwiesen. Hier waren die Vertragspartner geneigt, die Verträge aufrechtzuerhalten, zu verlängern oder neu abzuschließen. Die Anlage Schwanenwiese ging dem Verein bedauerlicherweise verloren. Dies war umso betrüblicher, als gerade auf diesem Gelände damit eine sehr aktive Arbeit im Sinne der Naturheilbehandlung beendet wurde. Auch die Anlage Möncheberg machte sich selbständig und schied aus der Gemeinschaft aus. Für die Mitglieder, die ihre Gärten wieder in Angriff nahmen und bewirtschafteten, bedeutete dies eine willkommene Bereicherung ihres spärlichen Speisezettels, zumal es galt, sich mit den Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auseinanderzusetzen, an dessen Folgen alle zu tragen hatten.

 

Die Umsiedlung der Anlage West im Jahre 1961 von der Weidlingstraße in die Zentgrafenstraße begrub ein Stück Romantik für alle alle Mitglieder, die aber teilweise mit umzogen und die neue Anlage mit gestalteten. Anstelle des Luftbades wurde eine größere Spielwiese im Gelände eingerichtet, die im Laufe der Zeit immer stärker in Anspruch genommen wurde. Wenn ein Luftbad in der bisherigen Form nicht wieder erstellt wurde, so ist dies nicht als Abkehr von unseren satzungsmäßig festgelegten Zielen zu verstehen, sondern trägt allein der zeitlichen Entwicklung Rechnung, zumal im Bewusstsein der Bevölkerung die Erhaltung der Gesundheit durch Sport und Spiel heute tiefer verankert ist als in den früheren Jahren, wobei die Publikationsmittel, wie Presse, Rundfunk, Fernsehen und Internet, eine gewichtige Rolle spielen und hierauf gezielt hinweisen. 

 

Die heutige Vereinsarbeit beschränkt sich im Wesentlichen auf die Erhaltung der geschaffenen Anlagen, wobei aber die eigentliche Zielsetzung nicht aus den Augen verloren wird. Durch Begehungen mit den Fachberatern des Landes Hessen werden den Mitgliedern wichtige Hinweise vermittelt, die in der Praxis umgesetzt werden können. Biologischer Gartenbau ist hier ein besonderer Aspekt, genau wie die biologische Bekämpfung des Ungeziefers, damit Mensch und Natur nicht noch mehr Schaden leiden. Gelegentliche Sommerfeste oder Weihnachtsfeiern in den Anlagen, die sich hierzu eignen, werden durchgeführt und dienen dem gegenseitigen Kennenlernen. Sie finden regen Zuspruch. Auch gelegentliche  Busfahrten in die nähere oder weiter Umgebung, an denen auch Freunde und Bekannte teilnahmen, fanden ein positives Echo.

 

Seit  dem Jahre 1945 gehört der Verein dem Stadtverband, später Stadt- und Kreisverband Kassel der Kleingärtner e.V., an.  Hierzu bestand aus rechtlichen Gründen Veranlassung, um auf diese Weise  rechtlich umfassend geschützt zu sein. Die Zusammenarbeit hat sich im Laufe der Jahre vertieft, so dass sich dieser Entschluss gelohnt hat.

 

Das Ansehen des Vereins erfreut sich großer Beliebtheit. Ein Beweis hierfür ist die ständige Nachfrage nach Mitgliedschaft und Erwerb eines Gartens.